MaFo!

Letzte Woche war ich mal wieder in einem Elektronikmarkt. Natürlich nicht in einem dieser „Wie blöd, dass ich teuer nicht hasse“ – Kette. Langsam wird es ja schwierig beim

Handyeinkauf. Mein neues Smartphone darf nicht von BenQ sein und von Nokia erst recht nicht. Auch will ich Apples Marketingprodukte nicht unterstützen und möchte auch nicht, dass meine

Daten auf einem abzuhörenden Server in UK landen. Würde ich es lediglich von privater Warte aus sehen, wäre meine erste und einzige Wahl: Kein Handy. Auch in grauer Vorzeit

konnten mich meine Kontakte, von denen ich im Privatbereich unzählige hatte, nachweislich immer erreichen. Allerdings gerate ich vermutlich ohne Handyvertrag dafür so

richtig in die Mühlen staatlicher Überwachung, wenn es nichts zu überwachen gäbe. Das allein wäre ja schon verdächtig.

 

Jedoch, sei’ drum. Über den Sinn oder Nutzen der permanenten Erreichbarkeit möchte ich jetzt gar nicht philosophieren. Was mich aber beim Einkauf irritierte, war die Frage an der

Kasse nach meiner Postleitzahl. Das wurde ich an der gleichen Kasse nämlich mindestens fünf Jahre zuvor auch schon gefragt. Also wollte ich von der Kassenkraft den Grund ihrer Frage

wissen. Wir sind halt angehalten, danach zu fragen, bekam ich zur Antwort. Obwohl ich nicht angehalten bin, darauf zu antworten, gab ich frohgemut die Berliner PLZ eines Bekannten an.

Er möge es mir verzeihen.

 

Hoffentlich habe ich jetzt keinen großen Fehler gemacht. Wenn das jetzt die Jungs von der Marktforschung herausfinden nach ihrer Langzeitstudie? Nachher wird der Elektronikmarkt dicht

gemacht und komplett nach Berlin umgesiedelt. Wo kaufe ich dann meine Smartphones? Ich träumte heute Nacht grauenhafte Szenerien. Wie die Gewerkschafter vor meiner Wohnung

demonstrierten, weil ich für den Abbau von dreißig Teilzeitstellen in München verantwortlich gemacht werde. Wie ich die Subventionen der EU bis morgen zurückzahlen muss. Und

natürlich muss ich mich auch dafür verantworten, dass ich aufgedeckt habe, dass die Frage nach der PLZ eigentlich schon seit Jahren nicht mehr ausgewertet wird.

Da lobe ich mir doch die Frage beim Edeka: Haben Sie eine Kundenkarte? Nein, antworte ich dann. Ich wollte nur zahlen. Komischerweise hat mich noch nie einer gefragt, ob

ich denn eine Kundenkarte möchte. Vielleicht bin ich ja ganz wild nach Kundenkarten? Wer weiß das schon? Es törnt mich doch mächtig an, wenn ein Supermarkt nach meinem

Einkaufsverhalten sein Sortiment ausrichtet. Wenn ich keinen scharfen Löwensenf mehr kaufe, schwupp, ist er zwei Wochen später aus den Regalen verschwunden.

 

Female reporter at press conference, writing notes, holding microphone

Aber die Krönung sind doch die vielen Gewinnspiele, die mir überall unterkommen. Die vielen

Audis und Porsches kann ich gar nicht mehr alle fahren, die ich schon fast

gewonnen hätte. Und jede Woche mit Günter Jauch in „Wer wird Millionär“ zu spielen, wird

auch langweilig. Immerhin lande ich dann in einer statistischen Auswertung und bin

verantwortlich für künftige Kampagnen. Auch liebe ich die vielen Anrufe, die mir mitteilen,

dass ich zwar keinen Audi gewonnen habe, aber dafür auf jeden Fall einen 10 Euro Gutschein

von Quelle gewinne, wenn ich für 1.000 Euro aus dem Katalog einkaufe.

 

Also, Marktforschung finde ich schon toll. Gerade neulich kam ich beim Parkplatz vom ALDI,

als ich nur eine Zeitung aus dem stummen Verkäufer holte, zu Unrecht in eine andere

Langzeit – Studie. Ein Institut wollte herausfinden, warum so viele Kunden beim ALDI

einkaufen. Dass ich gar nicht dort einkaufte, hat den Interviewer nicht interessiert.

Trotzdem las ich neulich das verblüffend, richtige Ergebnis dieser Studie: Die große Zahl der

Einkäufer korreliert mit den günstigen Preisen! Hossa!