Glück!

Damals wohnte ich im Dachgeschoß, vierter Stock. Doch diese Geschichte ist mir noch im Kopf, als wäre es heute früh gewesen.

Ich komme aus dem Büro nach Hause, da springt mich ganz unvermutet das Glück an: Im Flur vor meiner Wohnungstür steht eine Drachenpalme, so nenne ich zumindest diese Art. Immer, wenn ich heimkomme, schaue ich mir die Blätter an und freue mich an ihrem grünen Anblick, der dem schlichten Hausflur etwas Heimeliges verleiht.

So auch dieses Mal. Doch dann! Was sitzt da ganz reglos auf einem schmalen Blatt? Ein Grashüpfer. Sicher fünf Zentimeter lang, grellgrüner Körper, rote Augen und lange, fadenartige Fühler, fast nicht zu sehen erst – und dann plötzlich ganz deutlich.


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So einen schönen Grashüpfer habe ich ja seit Kindertagen nicht mehr gesehen. Und an einen so grünen kann ich mich beim besten Willen gar nicht erinnern. An braune vielleicht? Aber so groß waren die auch nie. Ist er einem Hausbewohner aus dem Terrarium entflohen? Was macht ein exotischer Grashüpfer in der Großstadt im Vierten Stock? Biene Maja lässt grüssen.

Da war es: Das Glück. Dieses ursprüngliche Gefühl von reiner Freude, von Kindsein, von Unschuld, von Harmonie und Einheit. Diese unerwartete Begegnung mit einer Heuschrecke im Dachgeschoss.

Das ist es, was mitunter leicht in Vergessenheit gerät, fällt mir ein. Was bedeutet eigentlich Glück? Das sind doch diese flüchtigen, unerwarteten Momente. Das Strahlen, wenn einen ein Kleinkind erkennt. Die warme Sommersonne, die plötzlich durch dunkle Regenwolken bricht und einen Regenbogen zaubert, das plötzliche Lächeln einer Fremden in der U-Bahn. Oder eben die Begegnung mit einer Heuschrecke im Vierten Stock.

Wie ist also Glück definiert?

Es kommt unerwartet, ist flüchtig, wirkt kitschig, wenn man darüber schreibt, ist kurz, einen Wimpernschlag vielleicht und lässt dich mit einem warmen Gefühl zurück, das den ganzen Tag verschönt.